Das Impingement-Syndrom der Schulter, das subacromiale Engesyndrom, das Schulterengpasssyndrom, das Engpasssyndrom und das Schulterimpingement sind einige der vielen Bezeichnungen für ein pathologische Ereignis in der Schulter. Sie alle haben eine gemeinsame Charakteristik: intensive Schmerzen.
In diesem Artikel behandeln wir neben den Ursachen und Symptomen des Engpasssyndroms auch verschiedene Therapiemöglichkeiten. Zusätzlich zu praxisnahen Übungen, die Du bequem zu Hause ohne viel Ausrüstung ausführen kannst, geben wir auch Tipps zur Vorbeugung.
Disclaimer: Dieser Artikel stellt keine ärztliche Beratung dar und kann sie selbstverständlich nicht ersetzen.
Was ist das Impingement-Syndrom?
Das Impingement-Syndrom der Schulter ist ein Zustand, bei dem es zu einer Einengung der Weichteilstrukturen zwischen dem Schulterdach und dem Oberarmkopf kommt. Diese Einengung kann den subacromialen Raum - den Bereich zwischen Schulterdach und Oberarmkopf - verengen und so Reizungen oder sogar Entzündungen im Schleimbeutel der Schulter hervorrufen. Betroffene klagen meist über Ruhe-, Belastungs-, oder Druckschmerzen in der Schulter.
Zusätzlich kann dieses Syndrom dazu führen, dass die Sehnen am Schulterdach abgerieben werden. Schmerzen können auch durch die Kompression von Sehnen oder Weichteilen, wie zum Beispiel Muskelsträngen, entstehen. Ein weiterer Faktor, der zu diesem Zustand beitragen kann, ist eine mangelhafte Zentrierung des Oberarmkopfes in der Gelenkpfanne. Das Risiko einen Sehnenruptur (Tendinose) oder Rotatorenmanschettenruptur steigt.
Symptome
Das Engpasssyndrom zeigt sich oft durch plötzliche Schmerzen im Schultergelenk, vor allem wenn der Arm seitlich über den Kopf gehoben wird. Ein akutes Impingement-Syndrom kann jedoch noch andere Beschwerden mit sich bringen, die über Schmerzen bei der Abduktion der Schulter hinausgehen. So berichten Betroffene häufig über nächtliche Schmerzen und Unbehagen in der Schulter oder Schmerzen beim Autofahren, die durch die Position der Schulter beim Lenken verursacht werden können.
Insbesondere Menschen, die in ihrem Beruf oder bei sportlichen Aktivitäten häufig Bewegungen über Kopf ausführen, sind häufiger von Schulterschmerzen betroffen. Ohne eine angemessene Behandlung oder Schonung kann ein bestehendes Engpasssyndrom im Schultergelenk zu einer sogenannten "Frozen Shoulder" führen. Dieser Zustand ist gekennzeichnet durch eine eingeschränkte Beweglichkeit, die im Laufe der Zeit immer weiter abnimmt.
Diagnose
Bei der Untersuchung des Impingement-Syndroms wird häufig der sogenannte "Painful Arc" betrachtet. Der "Painful Arc" bezieht sich auf den Winkelbereich, in dem plötzliche Schmerzen im Gelenk auftreten, normalerweise zwischen 60 und 120 Grad während der Abduktion des Arms.
Eine umfassendere Diagnostik liefern Ultraschall, MRT und herkömmliche Röntgenbilder. Knochenveränderungen, Kalkablagerungen sowie die Form und Position des Schultereckgelenks sind am besten durch Röntgenbilder erkennbar und interpretierbar. MRTs oder Ultraschall sind hingegen besser geeignet, um Verletzungen der Rotatorenmanschette, Blutungen im Schultergelenk sowie Entzündungen und Reizungen zu erkennen. Zusätzlich stehen verschiedene Bewegungstests zur Verfügung, um ein Impingement-Syndrom zu diagnostizieren, wie zum Beispiel der Hawkins-Test.
Der Hawkins-Test
Um zu prüfen, ob Du unter einem Engpass-Syndrom leidest, kannst Du den sogenannten Hawkins-Test durchführen. Dazu brauchst Du eine zweite Person.
- Zunächst hältst Du Deinen Arm in einer neutralen Stellung.
- Die helfende Person ergreift dann Deinen Ellbogen und Dein Handgelenk und hebt Deinen Arm um 90 Grad nach vorne an. In dieser Position beugt die Person Dein Ellbogengelenk um 90 Grad in Richtung Deines Körpers.
- Anschließend wird Dein senkrecht stehender Unterarm so weit wie möglich in die Horizontale bewegt, um eine passive Rotationsbewegung im Schultergelenk zu erzeugen.
Wenn Du Schmerzen während dieser Bewegungen verspürst, kann dies ein Hinweis auf ein Engpass-Syndrom sein und sollte ärztlich untersucht werden.
Behandlung
Je früher ein Impingement-Syndrom erkannt wird, desto schneller kann die Behandlung beginnen. Eine zügige Diagnose und eine umgehend eingeleitete Therapie erhöhen Deine Chancen auf eine unkomplizierte und schnelle Genesung. Ein länger unbehandeltes Engpasssyndrom kann im schlimmsten Fall zu Rissen in der Rotatorenmanschette* und einer damit verbundenen eingeschränkten Muskelaktivität führen.
Mit gezieltem funktionellem Training der Rotatorenmanschette und der Muskeln, die das Schulterblatt stabilisieren, wie zum Beispiel den Rhomboideus-Muskeln, lässt sich die Enge im subacromialen Raum reduzieren und Entzündungen des Schleimbeutels mildern.
Eine gestärkte Muskulatur hilft dabei, den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne neu auszurichten und zu stabilisieren. Weitere Behandlungsmöglichkeiten neben dem funktionellen Training können Injektionen, medikamentöse Behandlungen, Akupunktur oder homöopathische Methoden sein. Oftmals finden mehrere Behandlungsmaßnahmen gleichzeitig statt.
In den meisten Fällen erfolgt eine medikamentöse Behandlung kombiniert mit funktioneller Trainingstherapie. Dies ist besonders wichtig, um Training im Schmerzbereich zu vermeiden. Sollte sich das Impingement-Syndrom durch keine dieser Maßnahmen beheben lassen, könnte als letzter Ausweg eine arthroskopische Operation in Betracht kommen.
3 ÜBUNGEN FÜR ZU HAUSE ODER IN DER BOX
Es gibt viele Übungen, die Du sowohl zu Hause als auch in der Box – ohne viel Equipment – durchführen kannst. Im Folgenden stellen wir Dir drei klassische Übungen vor. Du brauchst keine großen Widerstände, da es vorrangig darum geht, die gelenknahe, stabilisierende Muskulatur zu trainieren. Alle Übungen sind funktional und erfordern höchstens ein mittelstarkes Super- oder Theraband. Grundsätzlich kann jeder diese Übungen ausführen. Solltest Du jedoch aktuell unter Schulter- oder Ellbogenbeschwerden leiden, empfehlen wir Dir, vorher mit Deinem Arzt Rücksprache zu halten.
ÜBUNG 1: AUSSENROTATION DER SCHULTER
Die Außenrotation der Schulter zielt auf einen Teil der Rotatorenmanschette ab, insbesondere auf den Infraspinatus Muskel und den Teres minor Muskel. Zudem wird der hintere Bereich des Deltamuskels (absteigender Teil) mit trainiert.
Befestige das Band zuerst auf Ellbogenhöhe an einem stabilen Punkt. Stelle Dich dann seitlich zum Band und nimm das Ende mit der Hand, die weiter vom Band entfernt ist. Winkle nun Deinen Ellbogen so ab, dass Ober- und Unterarm einen 90-Grad-Winkel bilden. Wichtig ist, dass Du Deinen Ellbogen während der gesamten Übung fest am Körper hältst. Achte darauf, eine leichte Spannung in Bauch und Po zu halten und Deinen Körper aufrecht zu halten.
Für die eigentliche Durchführung der Übung, rotiere Deinen Arm nach außen, ohne dass Dein Ellbogen den Körperkontakt verliert. Um dies zu erleichtern, kannst Du ein Handtuch zwischen Deinem Ellbogen und Deinem Körper einklemmen. Die Intensität der Übung kannst Du durch Deinen Abstand zum Band regulieren: Je weiter Du Dich vom Befestigungspunkt entfernst, desto größer wird der Widerstand.
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ÜBUNG 2: INNENROTATION DER SCHULTER
Die Innenrotation der Schulter stärkt ebenfalls einen Teil der Rotatorenmanschette, insbesondere den Musculus subscapularis. Zudem ist der vordere Bereich des Deltamuskels (aufsteigender Teil) beteiligt.
Für diese Übung fixierst Du das Band auf Ellbogenhöhe an einem stabilen Punkt. Stelle Dich seitlich zum Band und nimm das Ende mit der Hand, die näher am Band ist. Dann winkelst Du Deinen Ellbogen so an, dass ein 90-Grad-Winkel zwischen Ober- und Unterarm besteht. Wichtig ist, dass Du Deinen Ellbogen während der gesamten Übung am Körper hältst und er seine Position nicht verändert.
Achte zusätzlich darauf, dass Deine Bauch- und Gesäßmuskulatur leicht angespannt ist und Du eine gerade Körperhaltung einnimmst. Wenn Du die Übung ausführst, ist es wichtig, dass Dein Arm nach innen rotiert, dabei sollte Dein Ellbogen immer Körperkontakt behalten. Ein kleiner Trick, um das zu erleichtern, ist ein Handtuch zwischen Ellbogen und Körper zu klemmen. Du wirst merken, dass Du bei der Innenrotation normalerweise größere Widerstände bewältigen kannst. Deshalb solltest Du einen Schritt vom Band weggehen, um die Übung effektiver zu machen.
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ÜBUNG 3: ANGEPASSTER STÜTZ
Der angepasste Stütz hat das Ziel, die Beweglichkeit Deines Schulterblatts zu verbessern und die dazugehörigen Muskeln zu stärken, hauptsächlich die Rhomboideus-Muskeln. Zusätzlich kräftigst Du mit dieser Übung den vorderen Sägezahnmuskel (M. serratus anterior), sowie Deine Bauchmuskeln.
Für diese Übung beginnst Du in der Vierfüßlerstellung, wobei Deine Hände direkt unter Deinen Schultern und Deine Knie auf Höhe Deines Beckens sein sollten. Das Gewicht verteilst Du gleichmäßig auf Deine Hände und Zehenspitzen und baust eine leichte Spannung in Deinem Bauch auf.
Jetzt hebst Du Deine Knie vom Boden, sodass sie nur ein paar Zentimeter über dem Boden schweben. Dein Gewicht ist nun gleichmäßig auf Hände und Zehenspitzen verteilt. Achte dabei darauf, die Bauchspannung zu halten, um Deinen Rücken gerade zu halten. Von hier aus schiebst Du Deine Schulterblätter nach außen und unten und machst einen leichten Katzenbuckel. Halte kurz in dieser Position, bevor Du wieder in eine gerade Rückenposition zurückkehrst.
Du solltest alle genannten Schulterübungen 15- bis 20-mal wiederholen (Kraft-Ausdauer-Training). Außerdem solltest Du zwei bis drei Sätze dieser Übungen 2-3 mal pro Woche absolvieren (jeden 2. Tag), damit Du schon nach einigen Wochen eine spürbare Verbesserung feststellen kannst.
Akutes Impingement-Syndrom: Was tun?
Wenn bereits geringe Bewegungen in Deinem Schulterbereich über längere Zeit Schmerzen verursachen, solltest Du unbedingt einen Orthopäden aufsuchen.
Im Alltag solltest Du darauf achten, dass
- Du Bewegungen über Kopf weitestgehend vermeidest, um weitere Quetschungen des Weichgewebes zu verhindern,
- Du abrupte Bewegungen, wie das plötzliche Fangen von Gegenständen, vermeidest, und
- Du Deinen Nacken schonst – zum Beispiel ganz einfach, indem Du Deine Schultern nach hinten-unten ziehst.
Vorbeugung von Schulterschmerzen
Es gibt diverse Strategien, um das Risiko eines Impingement-Syndroms und damit verbundenen Schulterbeschwerden zu senken. Primär ist eine ausgewogene Belastung des Schultergelenks die effektivste vorbeugende Methode. Da dies jedoch in vielen Berufen eine Herausforderung darstellt, ist vor allem die Stärkung der Rotatorenmanschette von großer Bedeutung. Die Gefahr, an einem Impingement-Syndrom zu erkranken, steigt insbesondere bei klassischen Bürojobs.
Dies resultiert einerseits aus dem Mangel an Bewegung, andererseits führt die vorwärts gezogene Haltung der Schultern bei der Arbeit am Computer langfristig zu einer Schwächung der Außenrotatoren sowie einer Verkürzung der Innenrotatoren und der Brustmuskulatur. Allerdings sind nicht nur Büroangestellte gefährdet, ein Engpasssyndrom zu entwickeln - auch Berufe, die häufiges Arbeiten über dem Kopf erfordern (z. B. Maler und andere Handwerker) sind häufiger betroffen. Dies hängt hauptsächlich mit den hohen Belastungen zusammen, die im Schultergelenk durch das Heben, Halten oder Bewegen von Gegenständen entstehen.
7 TIPPS ZUR VERMEIDUNG VON SCHULTERBESCHWERDEN
Mit einigen einfachen Übungen und Verhaltensänderungen kannst du aktiv dazu beitragen, das Risiko eines Impingement-Syndroms zu verringern:
- Achte im Laufe des Tages immer wieder auf Deine Haltung - eine aufrechte Körperhaltung schont das Schultergelenk.
- Bewege Dein Schultergelenk regelmäßig, etwa durch Schulterkreisen. Das fördert die Durchblutung und Nährstoffversorgung und kann so zur Erhaltung und Regeneration des Schulterapparates beitragen.
- Vermeide eine einseitige Belastung der Schulter beim Telefonieren oder beim Tragen von Einkaufstaschen. Wechsele beim Telefonieren häufiger die Hand und nutze zum Einkaufen am besten einen Rucksack.
- Solltest Du einen Schreibtischjob haben, dehne regelmäßig Deine Brustmuskulatur auf.
- Achte beim (Kraft-)Training auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Zug- (Pull) und Druckbewegungen (Push).
- Baue gezieltes Training der Rotatorenmanschette in Deine Trainingsroutine ein.
- Vor sportlichen Aktivitäten, die Überkopfbewegungen erfordern, solltest du ein spezielles Aufwärmprogramm für die Schulter durchführen.
Bitte melde Dich sofort bei uns, sollten Dich Gelenkschmerzen plagen. Wir passen das Training gemäß Deinen Bedürfnissen an. In manchen Fällen ist es nicht notwendig, das Training komplett auszusetzen.
Du brauchst weitere Tipps und Unterstützung? Dann melde Dich bei uns – in unserem Trainer-Team sind mehrere ausgebildete medizinische Fitness-Trainer und Sportmassagetherapeuten, die Dir mit Rat und Tat zur Seite stehen.
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Appendix:
*Die Rotatorenmanschette ist eine Gruppe von vier Muskeln und ihren Sehnen, die das Schultergelenk umgeben und stabilisieren. Diese Muskeln und Sehnen verbinden den Oberarmknochen (Humerus) mit dem Schulterblatt (Skapula) und ermöglichen es uns, den Arm zu drehen und zu heben. Die vier Muskeln der Rotatorenmanschette sind:
- Der Supraspinatusmuskel: Er hilft beim Anheben des Arms.
- Der Infraspinatusmuskel: Er ermöglicht die Drehung des Arms nach außen.
- Der Teres minor Muskel: Er unterstützt auch die äußere Drehung des Arms.
- Der Subscapularis Muskel: Er dreht den Arm nach innen.
Zusammen ermöglichen diese Muskeln eine Vielzahl von Bewegungen und tragen zur Stabilität des Schultergelenks bei.
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